Zwischen Resignation und Angriffslust

05.03.2008

Zwischen Resignation und Angriffslust

„Unsere Waffen sind dabei leider denkbar schwach“, sagte Bürgermeister Johann Saathoff. Doch trotz der schwierigen Rechtslage solle man sich gemeinsam wehren.

Rysum – Dicht an dicht quetschten sich knapp 100 Zuhörer am Montagabend im kleinen Gemeindehaus der reformierten Kirche in Rysum. Dorthin hatten die Kirchenräte Rysum und Campen mit der Rysumer Gemeindevertretung zu einer Podiumsdiskussion über den möglichen Bau eines Kohlekraftwerks vor Rysum eingeladen.

„Nach allem, was in den vergangenen Monaten in der Presse zu lesen war, sind unsere Gemeindemitglieder beunruhigt. Mit diesem Abend möchten wir ihnen die Chance geben, sich aus erster Hand zu informieren“, sagte Pastor Dr. Holger Balder. Und der proppevolle Saal, in dem gut ein Drittel der Zuschauer nicht einmal mehr einen Sitzplatz fand, gebe ihm Recht, dass es richtig gewesen sei, diese Veranstaltung öffentlich zu machen.

Neben dem Rysumer Pastor als Moderator saßen auf dem Podium der Emder Stadtbaurat Andreas Docter als Vertreter von Oberbürgermeister Alwin Brinkmann, der Krummhörner Bürgermeister Johann Saathoff (SPD) sowie die Fraktions-Spitzen des Krummhörner Gemeinderates, Georg Ackermann (SPD), Frauke Kummer (CDU), Ulrike Hitzmann (Freie Bürger Liste) und Jan Roß (RFK/KLG).

Während draußen Sturmböen eisige Hagelschauer gegen die Fensterscheiben fegten, blieb es im Saal selbst vergleichsweise ruhig und sachlich. Was auch der umsichtigen Gesprächsleitung von Pastor Balder zu verdanken war. Fast keine wütenden Zwischenrufe aus dem Publikum. Nachfragen waren durchaus kritisch und zuweilen mit ein paar Spitzen gespickt. Doch es überwog durchweg ein ernsthaftes Interesse an dem Thema.

Auch zwischen den Politikern flogen kaum Fetzen. So wähnte sich Bürgermeister Saathoff am Ende der Diskussionsrunde gar als Zeuge einer historischen Seltenheit: „Dass die Mitglieder aller Fraktionen einer Meinung sind, kommt allzu selten vor.“ Sämtliche Vertreter des Krummhörner Gemeinderats votierten geschlossen gegen den Bau eines Kohlekraftwerks auf dem Rysumer Nacken und im Wybelsumer Polder. „Unsere Waffen sind dabei leider denkbar schwach“, gestand Saathoff ein. Auf lokaler Ebene könnten die Krummhörner Politiker nichts gegen den Kraftwerksbau unternehmen. Gerade daher sei vor allem Protest der Bevölkerung gefordert, sagte der Bürgermeister und ermunterte zum Engagement in Bürger-Initiativen: „Wir müssen uns gemeinsam wehren.“

Am deutlichsten wurde Ulrike Hitzmann (Freie Bürger Liste), die gegen die drohenden „Dreckschleudern“ wetterte, die den „Klimaschutz sabotieren“. Auch sie rief die Bürger auf, an einem Strang zu ziehen. „Wir müssen den Druck über Jahre hoch halten.“ Spöttisches Gelächter erntete indes Georg Ackermann, als er kundtat, der Kohlekraftwerk-Standort käme heute gar nicht in Betracht, wenn man seinerzeit den damals angedachten Ferienpark in Upleward gebaut hätte.