Grünes Licht für Kohlekraftwerke an der Küste
Wilhelmshaven – Offshore-Windparks, riesige Windräder auf hoher See, sind in aller Munde – Technologie der Zukunft für Deutschlands Energiegewinnung. Doch an den deutschen Küsten planen die Stromkonzerne nicht nur neue Anlagen für regenerative Energien. Stade, Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Hamburg – an der Nordsee sollen gleich eine ganze Reihe neuer Kohlekraftwerke gebaut werden. In Wilhelmshaven gab der Stadtrat jetzt grünes Licht. "Die planungsrechtlichen Voraussetzungen sind geschaffen", sagte der Sprecher der Stadt, Arnold Preuß, am Donnerstag.
Eine große Mehrheit der Parteien im Stadtrat habe am Mittwoch den Plänen des französisch-belgischen Energiekonzerns Electrabel für einen 800 Megawatt-Meiler zugestimmt. Nun müsse noch das Gewerbeaufsichtsamt in Oldenburg die Anträge des Energieversorgers prüfen. Den Plänen zufolge soll das Kraftwerk 2011 oder 2012 direkt neben dem Areal des geplanten Tiefwasserhafens ans Netz gehen. Zwar rechnet die Stadt noch mit Widerstand, doch sei ein erster Schritt getan. "Man kann alle Entscheidungen vor Gericht anfechten", sagte Preuß. "Planungsrechtlich ist alles abgesegnet, jetzt ist die nächste Instanz am Zug." In direkter Nachbarschaft plant auch noch der Energiekonzern E.on einen Meiler. "Der Tiefwasserhafen ist für die Anlandung von Kohle sehr günstig", sagte Preuß.
Nur 70 Kilometer Luftlinie entfernt fiel am Donnerstag der Startschuss für weitere Kraftwerkspläne. In der Hafenstadt Emden stellte der dänische Energiekonzern Dong Energy Planungen für einen weiteren 800 Megawatt-Meiler vor. Er soll auf einem 370 000 Quadratmeter großen Gelände am Wybelsumer Polder zwischen 2012 und 2015 entstehen. Niedersachsen Ports als Betreiber der Häfen schloss einen Optionsvertrag mit dem Energiekonzern ab. "Eventuell entsteht auch noch ein zweiter Block mit 800 Megawatt", sagte der Betriebsleiter für Liegenschaften und Marketing bei Niedersachsen Ports, Friedrich Voß.
Umweltschützer kritisieren indes die ungezügelten Pläne zum Kraftwerksbau. "Aus unserer Sicht ist das klimapolitisch nicht mehr hinnehmbar", sagte der Energieexperte von Greenpeace, Jörg Feddern. "Jeder Stadtrat sagt, hier wird ein Kraftwerk gebaut. Wir brauchen eine klare Strategie der Bundesregierung." Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei nötig, wenn Deutschland die Emissionen bis 2020 um 40 Prozent verringern wolle. Offshore stecke noch immer fest, es gebe noch keine funktionierende Anlage. Fedderns Berechnungen zufolge können mit einer 800 Megawatt-Anlage bei 5500 Stunden Jahresbetrieb rund 1,5 Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden. Mit regenerativen Energien können mit den derzeit vorhandenen Anlagen bei gleicher Jahreslaufzeit theoretisch 25 Millionen Haushalte versorgt werden.
Unlängst hatten der amerikanische Chemie-Konzern Dow Chemical und der süddeutsche Energieversorger EnBW Planungen für ein gemeinsames 1000-Megawatt-Kraftwerk in Stade bekannt gegeben. In Brunsbüttel gibt es Pläne für gleich drei Anlagen. Kiel hat indes ein geplantes Kraftwerk für drei bis fünf Jahre auf Eis gelegt, um technologische Fortschritte abzuwarten. In Bremen wurde hingegen gleich ein konsequenter Schlussstrich unter alle Kraftwerkspläne gezogen. Zusatzkosten von hunderten Millionen Euro stoppten in der Hansestadt das Projekt. Es war umweltpolitisch hoch umstritten.