Wirtschaftliche Sorgen und Ziele unterscheiden sich

OSTFRIESEN ZEITUNG vom 05.03.2008

Wirtschaftliche Sorgen und Ziele unterscheiden sich

Der Umgang blieb respektvoll. Die passive Haltung des Stadtbaurates in der Sache verärgerte mehrere Zuschauer.

Rysum – „Wir sind in einem Haus der Kirche, gehen Sie also bitte respektvoll miteinander um“, wandte sich Pastor Dr. Holger Balder an alle Anwesenden vor Beginn der Podiums-Diskussion. Sein Wunsch wurde erfüllt. Scharfe Wort-Scharmützel, Schimpftiraden und brüske Zwischenrufe blieben aus.

Die Politiker aus der Krummhörn unterstrichen allesamt die Sorge, die Abgase und der Anblick eines Kohlekraftwerks könnten Touristen, die Einnahmen brächten, vergraulen.

„Wir verkaufen hier gesunde Natur und gute Luft“, sagte Bürgermeister Johann Saathoff (SPD). Er wies darauf hin, dass insgesamt 1200 Bürger in der Gemeinde Krummhörn im Tourismus arbeiten und 50 Millionen Euro Einnahmen damit verbunden seien. Er fürchtet, dass das Image der Krummhörn als „Ferien-, Kunst- und Kultur-Gemeinde“ stark unter dem Kraftwerksbau leiden würde.

Der Emder Stadtbaurat Andreas Docter ließ durchblicken, dass der Bau eines Kohlekraftwerks auch der Stadt Emden als „Hauptstadt regenerativer Energien“ in Europa einen Image-Schaden zufügen würde.

Er favorisiere ein Gaskraftwerk. Dies sei umweltschonender. Zudem könne Gas, das in Emden gelandet werde, direkt genutzt werden. Wirtschaftlich sähe er jedoch auch in einem Kohlekraftwerk Gewinn bringenden Zusatznutzen für die hiesige Wirtschaft. Generell habe die Stadt Emden aus rechtlichen Gründen zurzeit keinen Einfluss auf den Fortgang der Entwicklungen. Sie sei sogar gesetzlich zur Mithilfe verpflichtet.

Die „schicksalsergebene Haltung“ Docters, und dessen kaum erkennbarer Widerstand gegen ein Kraftwerk brachten Heinz Westermann in Rage. „Wenn die Menschen 1989 in Leipzig nicht gegen das Recht aufgestanden wären, hätten wir die Mauer heute noch“, sagte er.

Ein Gaskraftwerk als „mildernde Umstände“ vor ein Kohlekraftwerk zu stellen, grenze an Täuschung, warf Helmut Schönfelder aus Campen dem Stadtbaurat vor. Beide Rohstoffe seien begrenzt und machten von Förderländern abhängig. Zudem frage er sich, ob wirklich Bedarfsdeckung oder nicht eher Profitgier der Grund für den geplanten Kraftwerksbau sei.