Kritik am Einsatz von „Steinzeit-Technik“

OSTFRIESEN ZEITUNG vom 29.04.2008

Kritik am Einsatz von „Steinzeit-Technik“

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Der Beirat hält das Vorhaben für „naiv und geradezu fahrlässig“. Nach seiner Ansicht muss bei solchen Vorhaben auch die weltweite „Umweltgerechtigkeit“ im Blick behalten werden.

Emden – Der Rat des Fachbereichs Soziale Arbeit und Gesundheit an der Fachhochschule (FH) in Emden hat sich in einer Stellungnahme einstimmig gegen den möglichen Bau eines Kohlekraftwerks auf dem Rysumer Nacken ausgesprochen.

Die Biologin Lydia Kuhlmann, Lehrbeauftragte im Fachbereich, betonte gestern in einem Pressegespräch, dass Deutschland seinen hervorragenden Ruf als Vorreiter im Umweltschutz durch eine Rückwendung zu „Steinzeit-Technik“ ad absurdum führe. Auch die Vorbildrolle, um andere Länder zum Umweltschutz zu motivieren, mache man so lächerlich. Dies gelte auch und gerade für die Stadt Emden, die sich als „regenerative Hauptstadt Europas“ großes Renommee erworben habe.

Kuhlmann leitet an der FH das interdisziplinäre Projekt „Null CO2x15 Campus“, in dem Studenten aller Fächer gemeinsam forschen, wo und wie es an der Hochschule möglich ist, Strom zu sparen und Abgase zu vermeiden.

Professor Manfred Baberg, der im Fachbereich lehrt, bezeichnete zudem die so genannte Stromversorgungslücke, die angeblich in einigen Jahren durch Stilllegungen von Kraftwerken drohen soll, als „mediale Inszenierung der Stromversorger“. Dass diese überhaupt eintrete, sei „mindestens unwahrscheinlich“, so Baberg. Zudem ließen sich diese Lücken durch bewusstes Energiesparen schließen. Kuhlmann ergänzte, es sei „naiv und geradezu fahrlässig, die womöglich drohende Lücke mit endlichen Ressourcen zu schließen, denn auch Kohle geht zur Neige“.

Unverantwortlich sei auch der Kohlendioxid-Ausstoß der Kohlekraftwerke, der doppelt so hoch sei wie die von Erdgas-Kraftwerken. Technisch werde es erst in knapp 15 Jahren möglich sein, den Schadstoff herauszufiltern. Die Nachrüstung bestehender Kraftwerke sei schon aus finanziellen Gründen utopisch. Baberg verwies auch auf die „Umweltgerechtigkeit“. Oft müssten weit entfernte Länder die Folgen von Schäden ausbaden, die in Industrieländern verursacht würden.

Ziel müsse sein, global zu denken und lokal zu handeln. Dabei gelte es, „Zukunftstechnologien auch an den Hochschulen weiterzuentwickeln und zu nutzen anstatt leichtfertig eine Rolle rückwärts zu machen und dabei unnötigen Zusatzschaden anzurichten